„Klar, als
europäische Nicht-Raucherin, die den Großteil ihres bisherigen Lebens in
Hähnlein, wo der größte Teil des Feinstaubs vom Teppichklopfen kommt, verbracht
hat, bist du natürlich nicht geübt darin, die Luft, die sich zwischen den
Dreckpartikeln versteckt, zu finden...“ – dies mag tatsächlich ein Grund dafür
sein, dass ich mit der mongolische Verkühlung lange zu kämpfen hatte. Wie soll
man bei dieser Luftqualität eine Erkältung auch auskurieren? Da helfen wohl auch
keine Regenraketen mehr (sehr richtig, der Regen wird hier gerne auch einmal künstlich
erzwungen).
Aussicht nach Regenraketen |
"Aussicht" bei Smog |
Nach gut drei Wochen Genesung sollte ich genug Kraft gesammelt haben den Taishan, den berühmtesten der fünf Berge des Daoismus zu besteigen. Es ist unvorstellbar was es bedeutet 7000 Treppenstufen zu bewältigen! Das Wetter war auch nicht auf unserer Seite, aber noch waren wir davon überzeugt, dass es nicht das falsche Wetter, sondern nur die falsche Bekleidung geben würde…
Während sich die anderen an den Schmerzen in den Beinen erfreuten und Lieder sangen, wurde ich zunehmend aggressiver. Nach knapp drei Stunden Aufstieg in der Nässe war ich der Verzweiflung nahe, als ich erfuhr, gerade die Hälfte der Treppenstufen gemeistert zu haben. Kein Ende in Sicht – im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Dunkelheit brach ein. Es musste mit Taschenlampen weitergehen, ein Zurück gab es nicht mehr. Erschwerend wurde der Regen zu Eisregen und schließlich gerieten wir in den ersten Schneesturm des Jahres.
Die eigentlich so sehr beliebte Touristenattraktion war menschenleer, wir blieben die einzig Verrückten... |
Die
folgenden beiden Stunden habe ich kein Wort mehr gewechselt. Neben der enormen
körperlichen Anstrengung bedarf das Treppensteigen einer unglaublichen
Konzentration. Nach ZEHN! Kilometer Treppenmarathon erreichten wir die Spitze
des Berges, wo wir uns in einem Hostel aufwärmten und trockneten (relativ!) – es gab heiße
Fischsuppe. Hier wollten wir die restliche Nacht verbringen. Unser Zimmer
erinnerte mich stark an die Mongolei: keine Heizung, kein fließend Wasser. Zum
Glück hatten wir zu fünft nur drei Betten, sodass wir uns gegenseitig etwas
wärmen konnten.
Nach stolzen
vier Stunden Schlaf starteten wir wieder in den Tag, um uns unsere Belohnung
abzuholen und den einmaligen Sonnenaufgang zu bewundern:
… Wer die
vorherigen Blogeinträge fleißig gelesen hat, sollte bemerkt haben, dass es sich
hierbei um den Sonnenaufgang von Daniel in San Francisco handelt, hab ein Späßle gemacht!:) :) :)
Natürlich hatte sich der Schneesturm weiter dramatisiert und alles was man vom
Sonnenaufgang mitbekam war, dass die Dunkelheit grau bis hellgrau wurde:
Nun hieß es wieder bergab. Wie ein Wunder ist bei diesem ungleichmäßigen, steilen Abgang niemand ausgerutscht. Welch gelungener Ausflug… … …
Ich
solle zwei Tage an die Infusion und daraufhin noch drei weitere Antibiotikum
nehmen. Ein unschönes Gefühl in Peking an die Infusion zu müssen, aber da sie
gefühlte zehn Stunden durchtropfte hatte ich genug Zeit mich daran zu gewöhnen.
... Zeitgleich galt es in der Universtität ein Filmprojekt durchzuführen. So haben alle Austauschstudierenden die Aufgabe einen Film über ihr neues Leben in Peking zu drehen. Hierbei handelt es sich um einen kreativen Wettbewerb, der einen kleinen Anteil der Endnote ausmachen soll. Natürlich assoziierten wir unser Leben als erstes mit chinesischen Toiletten, Smog und Chaos, beschlossen dann aber doch das ganze „light“ zu halten und ich finde das Video ist wirklich entzückend geworden… angelehnt ist es an das Musikvideo „Beijing huan ying ni“ (Peking heißt dich willkommen), welches vermutlich in Olympiazeiten zu Werbezwecken aufgenommen wurde. Es stellt genau jene wundervollen Orte Pekings vor, von denen „chinabegeisterte“ Touristen so schwärmen… die haben hier ja auch noch keinen Alltag gelebt;) In unserem Fall heißt die "Beida", die Peking Universität, willkommen. Nun, da meine gesanglichen Fähigkeiten ohnehin zu wünschen übrig lassen, habe ich es in Zeiten der Lungenentzündung dann leider wirklich nur noch zum besseren „Lalala“ geschafft, aber seht selbst. Ohrwurm garantiert!
Falls jemanden als Vergleich das Original interessiert:
Natürlich wurde neben Erkältungauskurieren und Zwischenprüfung wieder Pekingintern viel angeschaut, hier einige Eindrücke:
Und auch der
Himmelstempel ist ein sehr friedlicher, traditioneller Fleck inmitten der
Großstadt
|
Apropos Kritik:
Vergangene Woche fand in Peking der Parteitag statt. Vermutlich hat man
inhaltlich auf der restlichen Welt mehr davon mitbekommen, als in Peking
selbst. Was wir in diesen Tagen aber sehr wohl zu spüren bekommen haben waren
verschärfte Passkontrollen und reihenweise Probleme mit der freien
Internetnutzung, unglaublich!
Ebenso
unglaublich: In China bekommt das Wort Zentralheizung eine völlig neue
Bedeutung. Tatsächlich wird im ganzen Land an einem Stichtag die Heizung
eingeschaltet, noch heißt es Wärmflasche und Tee!
Abschließend
wieder etwas zum Schmunzeln:
Liebe Julia, du hast mit dem Kürbis gut vorgelegt, aber auch hier gibt es große Früchtchen. |
Suchbild ... |
Ich glaube Pekinger Winter sind kalt... |
Und wen schon
immer mal interessiert hat wie so ein Zeichen eigentlich zu Stande kommt: "fen"
bedeutet Puder/ Pulver (man hätte doch auch einfach ein paar Pulverpünktchen
malen können?!). Ihr glaubt nicht wie viele absurde Eselsbrücken ich
mittlerweile in meinem Kopf habe, um all das zu behalten!