Sonntag, 20. Januar 2013

Grenoble - Jennys kleines Abenteuer Nr. 2



Nun bin ich vor etwa einer Woche in meiner neuen Heimat bis Sommer in Grenoble/Frankreich angekommen und wurde zu meiner Entzückung gleich von Schneestürmen empfangen.

Man kennt ja nun das allgemeine Anfangsprozedere: Viele Behördengänge, Kurswahl, Sprache lernen, Wohnungssuche, Versicherungen, Bankkonto, Einleben, Freunde finden…  Die Aufregung hielt sich diesmal aber in Grenzen, ist ja schließlich nicht mehr das erste Mal und schon alles Routineübung   ;-) Was aber nicht heißt, dass es diesmal einfacher lief. Während in Mexiko das meiste recht unbürokratisch ablief (zumindest über Beziehungen oder Schmiergeld), fühle ich mich hier manchmal eher wie im „Haus, das Verrückte macht“ aus den Asterix-Filmen J.

Um ein Handy zu kaufen, braucht man vorher einen Handyvertrag, den man aber nur kaufen kann, wenn man schon ein Bankkonto eröffnet und die Karte erhalten hat, was man aber nur bekommt, wenn man schon einen festen Wohnsitz und einen Studentenausweis hat, den man aber nur bekommt, wenn man schon eine Versicherung hat für die man aber wiederum wieder ein Bankkonto braucht. Und um das alles zu erledigen ist ein Handy ganz hilfreich, womit wir wieder am Anfang angekommen sind…

Perfektes Kontrastprogramm zu Mexiko: Kälte, Moderne, Struktur und Genauigkeit… und ja, diesmal möchte ich tatsächlich auch ein wenig ernsthaft studieren. Nachdem ich in Mexiko – ich zitiere einen Mexikanischen Freund – „VWL für geistig zurückgebliebene“ studiert habe, möchte ich mich hier in Grenoble in Sciences Po (Politikwissenschaft) und Soziologie probieren.  Und ich möchte wieder ein wenig Sport machen und meine 5 Kilo mexikanisches Hüftgold in stahlharte Muskeln verwandeln :-D

Natürlich vergleicht man immer mit dem  schon Bekannten. Interessanterweise vergleiche ich nie mit Deutschland, sondern immer nur mit Mexiko. In Mexiko hat sich das alles nicht wirklich wie ein Auslandssemester angefühlt. Ich habe mich irgendwie schon ein bisschen wie eine von denen gefühlt, ging normal zur Uni, hatte einen mexikanischen Freund, hab mittags bei irgendeiner Mutti von Freunden gegessen und war am Wochenende auf Familienfesten oder -ausflügen. Teilweise habe ich wochenlang am Stück kein Wort Englisch oder Deutsch geredet.

Hier ist das anders, diesmal ist das wohl so ein klassisches, typisches Erasmus-Semester. Ich glaube, hier bin ich schon etwas gefangen in der Erasmus-Blase, die in Mexiko einfach nie existiert hatte. Mein Umgang ist hauptsächlich international und ich rede fast nur Englisch. Ich habe keine Vorstellung, wie französische Familienfeste sind und habe auch keine großen Hoffnungen, zu so etwas eingeladen zu werden. Man lernt so natürlich nicht minder interessante Leute kennen, aber ich fürchte, eine gewisse Grenze, was die sprachlichen und kulturellen Feinheiten betrifft, werde ich wohl hier nicht überschreiten können. Die Franzosen sind immer super hilfsbereit und freundlich aber doch ein wenig distanzierter als das, was ich im letzten Semester erlebt habe. Noch haben aber die Vorlesungen nicht angefangen und ich bin gespannt, was in den nächsten Wochen passieren wird. Andererseits merke ich aber, dass die Kultur und das Land an sich schon eher mir selbst entspricht. Ich mag es sauber, ich mag es gut organisiert und strukturiert und ich mag auch alle vier Jahreszeiten. Es ist schon sehr ähnlich zu Deutschland, aber bekanntlich steckt der Teufel im Detail :-) Ich bin gespannt, ob ich auch hier einen Bilderbuchkulturschock mit allen Höhen und Tiefen erleben werde, oder ob der diesmal eher unbemerkt an mir vorbeizieht.
Ich hielt mein Französisch anfangs für gut. Bis mir auffiel, dass das vermutlich alle Austauschstudenten über ihre Sprachkenntnisse denken, die hauptsächlich mit anderen Austauschstudenten zu tun haben.  Als ich dann im Flur mit meinen französischen Mitbewohnern saß und alle durcheinander geredet haben, war das doch etwas ernüchternd. Ich mag das Gefühl nicht, körperlich bei etwas dabei zu sein, aber geistig (sprachlich) nicht folgen zu können. Dazu kommt: Wer in Frankreich sprachlich gewandt ist, gilt als intelligent… und leider umgekehrt. Die Sprache ist der wichtigste Schlüssel zum Zugang einer Kultur. Ich möchte so gerne eintreten und mich umschauen und einige Dinge vielleicht mitnehmen. Aber noch fehlt mir das Werkzeug, noch fühle ich mich wie ein Läufer ohne Schuhe, es geht schon, aber es geht noch nicht gut. Genau dasselbe habe ich auch anfangs in Mexiko gefühlt. Das Schöne ist, dass dieses Gefühl am Ende komplett verschwunden war und hier hoffentlich auch bald schon verschwinden wird.
 
Meine Wohnsituation im Studentenwohnheim ist recht spartanisch, aber ich habe mich daran gewöhnt. Ich war schon etwas überrascht, dass es keine wirkliche Küche, kein Geschirr, Kühlschränke und sowas gibt. Wir haben nur eine Dusche für 14 Leute. Gottseidank bin ich ein Nachtduscher, sodass ich selten warten muss J.  Am Anfang ging weder Licht noch Heizung, bis der Hausmeister das geregelt hat.  Ich habe also mit kompletter Montur (Jacke, Mütze…) und sechs (!) Bettdecken geschlafen und immer noch gefroren. Aber der Preis (150€) und die unmittelbare Nähe zur Uni sind dann doch unschlagbare Argumente, hier zu bleiben.
 
Ich bin sehr gespannt, was in den näcshsten Wochen und Monaten noch passieren wird. Fotos gibt's noch keine, dafür war ich bisher zu faul.
Übrigens gibt's mich für's erste jetzt nur noch in dunkelbraun (die Haare, nicht die Haut ;-)
 
Grosses bises de Grenoble! Bin jetzt schon in Vorfreude auf Tübingen im Herbst mit euch :-*

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